panamerikanische Bewegung

panamerikanische Bewegung
pan|amerikanische Bewegung,
 
der Gedanke einer gemeinamerikanischen Solidarität in politischen und wirtschaftlichen Fragen, wie er in der Monroedoktrin angesprochen wurde. Mit dem Scheitern des ersten, von S. de Bolívar einberufenen Kongresses von Panama (1826) setzte sich nicht die Vorstellung einer stärkeren Integration des lateinamerikanischen Raumes durch, sondern ein von den USA geprägter, von den lateinamerikanischen Staaten vielfach als paternalistisch verstandener Panamerikanismus.
 
Während der seit 1873 anhaltenden wirtschaftlichen Depression wurde die Idee der panamerikanischen Bewegung vom amerikanischen Außenminister J. G. Blaine aufgegriffen; er berief 1889 die erste Internationale Konferenz Amerikanischer Staaten nach Washington (D. C.) ein, um die Wirtschaftsbeziehungen zu den lateinamerikanischen Staaten auf eine im Sinne wirtschaftlicher Durchdringung für die USA günstige Basis zu stellen (Rohstoffversorgung, Absatz von Fertigprodukten, Kapitalexport u. a.). Obwohl die lateinamerikanischen Staaten der Initiative der USA reserviert begegneten, wurde 1890 das Internationale Büro Amerikanischer Republiken (21 Staaten; seit 1910 Panamerikanische Union) mit Sitz in Washington (D. C.) gegründet. Weitere panamerikanischen Konferenzen (panamerikanische Kongresse) befassten sich seit 1901 (Mexiko) mit interamerikanischen Rechts- und Wirtschaftsfragen, doch blieben die Beziehungen im Zeichen der nordamerikanischen »Dollardiplomatie« und Interventionspolitik kühl, bis sich mit F. D. Roosevelts Politik der »guten Nachbarschaft« ein neuer Kurs durchsetzte, der die Beibehaltung der Führungsstellung mit gegenseitiger Achtung und Solidarität zu verbinden bemüht war. Auf den panamerikanischen Konferenzen von Buenos Aires (1936) und von Lima (1939) stand der Gedanke einer gemeinsamen Abwehr auswärtiger Bedrohung im Vordergrund (3. 10. 1939 Erklärung von Panama: 300-Meilen-Sicherheitszone um den amerikanischen Kontinent mit Ausnahme Kanadas). Der Defensivpakt von Chapultepec (3. 3. 1945 umfasste unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs Beschlüsse über eine verstärkte militärische Zusammenarbeit. Der Konferenz in Bogotá (1948), die zur Gründung der Organization of American States (OAS) führte, ging 1947 der Rio-Pakt voraus.
 
Seit den 1960er-Jahren gibt es neben der OAS verschiedene Vertragswerke, die eine mehr oder weniger großräumige regionale Zusammenarbeit, vorwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet, praktizieren oder anstreben. Dazu gehören der Andenpakt, die Karibische Gemeinschaft, die Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur, die Nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA). 1994 wurde die Schaffung einer gesamtamerikanischen Freihandelszone (FTAA) beschlossen, als Antwort der panamerikanischen Bewegung auf die europäische Integration.
 
 
J. L. Mecham: The United States and Inter-American security, 1889-1960 (Austin, Tex., 51967);
 A. Aguilar Monteverde: Pan-Americanism from Monroe to the present (a. d. Span., Neuausg. New York 1968);
 G. Connell-Smith: The United States and Latin America. An historical analysis of Inter-American relations (London 1974);
 H.-U. Wehler: Der Aufstieg des amerikan. Imperialismus. Studien zur Entwicklung des Imperium Americanum, 1865-1900 (21987);
 G. P. Atkins: Encyclopedia of the inter-American system (Westport, Conn., 1997).

Universal-Lexikon. 2012.

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